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AutorenbildFlorian Renner

Reise zum Tee: Taiwan Field Trip 2023

Im Dezember 2023 war es endlich wieder soweit! Eine Reise nach Taiwan, zu Tee-Freunden und unseren Teefarmen stand am Plan. Diesmal war der Nordwesten des Landes das Ziel. 



Mit großer Vorfreude machte ich mich auf die Reise – viele Fragen hatte ich im Gepäck: wie geht es meinen Tee-Freunden? Wie haben sich die neu gesetzten Teebäumchen entwickelt? Wie ist die Qualität des Tees allgemein? Wie geht es der Natur? Was bringt die Tee-Zukunft?


Alle Fragen wurden beantwortet.



Unsere Farm im Norden, in Taipei County, lag im wohlverdienten „Winterschlaf“. Die in den Sommermonaten vom Wind getragene Feuchtigkeit der hoch aufgestiegenen Gischt des Pazifiks an der Nordküste, hatte die junge Teefarm vor einige Herausforderungen gestellt. Laut Aussagen meines Freundes, der dort die Pflanzen hütet, war dies jedoch kein Problem – „沒問題啊“ – meinte er nur. Er kennt eben seine Sprösslinge. Das dort gepflanzte Kultivar ist Cui Yu, eine klein- und feinblättrige Pflanze, die niedrige Lagen mit nicht zu hoher Feuchtigkeit in den Böden bevorzugt. Es scheint, als wäre der Norden Taiwans ein guter Ort für Cui Yu.


Weiter ging es der Küste entlang gen Süden nach Hsinchu County. Die dortige Anbaugegend brachte in der Vergangenheit immer hervorragende Ernten hervor. Gesunde Blätter mit einer reifen und komplexen Aromen-Vielfalt die seines Gleichen sucht. War dies auch heuer wieder so?



Dichter Nebel und Nieselregen waren unsere treuen Begleiter. Perfektes Winterwetter für Teepflanzen. Da lässt es sich gut ruhen. Auch für uns war es angenehm, denn wer Taiwan kennt, weiß wie tropisch das Klima dort ist. Die Natur meinte es gut mit uns.


Einzige Herausforderung der Wetterlage war jedoch, dass einige Straßen und Wege unbefahrbar waren und wir somit nicht jede Abzweigung gefahrlos hinein in den Urwald nehmen konnten. Mein Freund meinte zwar grinsend „可以可以“ was soviel heißt wie „geht schon“, ich jedoch vertraute unserem Gefährt und der Sichtweite nicht ganz so. Also setzten wir einen Teil unseres Weges zu Fuß fort. Was wir fanden, war für mich einfach nur beeindruckend.


Um die Frage von vorhin zu beantworten: ja, es war auch 2023 wieder ein gutes Jahr für den Tee. Eigentlich sogar ein hervorragendes Jahr. Unsere Farmen in Hsinchu County brachten einzigartige Ernten hervor, geschmackvoll wie nie zuvor. Es scheint, als wären die Teebäume am Höhepunkt ihres Daseins angekommen. Wir freuten uns sehr über die Geschmackserlebnisse, die wir im Laufe der nächsten Tage geboten bekamen. An Ort und Stelle war uns jedoch schon bewusst, was wir bald verkosten durften, denn die Farm ist in tip-top Zustand! Wir verweilten eine gewisse Zeit am Rande der Farm und tauchten in die friedliche Atmosphäre ein. Ich konnte beobachten, wie dankbar meine Freunde in jenen Momenten waren. Bevor wir weiterzogen, bedankten wir uns bei Mutter Natur und verabschiedeten uns respektvoll.



Ein paar Autominuten entfernt, liegt unser nächstes Farm-Projekt. Hier versuchen wir Teepflanzen der Gattung Jin Xuan anzubauen, welche für unsere Tees langfristig von Bedeutung sein werden.



In diesem Teil von Hsinchu County wachsen einige Kaki-Bäume, sowie vereinzelt auch andere Zitruspflanzen. Die abgefallenen Früchte hinterlassen ihre Aromen in den Böden, welche diese an ihre Umgebung weitertragen. Auch unsere Teefarmen werden mit diesen Aromen durch die im Erdreich verlaufenden Wasseradern „gebadet“. Wir haben beobachtet, dass das Jin Xuan Kultivar besonders von dieser Nuance des Ökosystems angetan ist. In fertigen Tees sind, diesmal mehr als üblich, Zitrus- und Fruchtnoten erkennbar. Fantastisch was die Natur hervorbringt, wenn man Sie lässt und schätzt.




Natürlich wurde auch viel verkostet und dabei philosophiert. Wie wird es weitergehen? Die Teebranche an sich befindet sich auch in Taiwan aktuelle im Zwiespalt. Kommerzielle Tees werden immer weniger nachgefragt, da es an Geschmack und Erlebnis fehlt. Kleine und nachhaltige Teeprojekte wie unseres, gelten als „zu kompliziert und zu teuer“. Aber ich frage mich: Was darf ein Geschmackserlebnis kosten?


So zerbrechen wir uns den Kopf wie wir jeder und jedem am besten zeigen, was Natur und Mensch gemeinsam hervorbringen können.


Eigentlich ist es gar nicht so kompliziert.

Meine Freunde und ich erleben das mehr und mehr in unseren Jahren der Zusammenarbeit.


Am Ende passiert immer das gleiche. Wir setzen uns gemeinsam an einen Tisch. Beobachten die Teeblätter in ihrer Form und Farbe, bevor sie mit heißem Wasser übergossen werden. Die ersten Aromen werden freigesetzt. Wir merken noch nicht, wie ruhig wir eigentlich schon geworden sind. Im Moment angekommen. Etwas Zeit vergeht - wie viel? - unbedeutend. Der Tee ist fertig, wird in kleine Tassen ausgeschenkt. Jeder bekommt eine, auch die Unbekannten am Nachbartisch. Die Tasse in der Hand, riechen, sehen, spüren. Der erste Schluck. Totale Stille, ein Moment des in-sich-gehens. Dann wieder bei seinem Gegenüber ankommen. Ein wohlwollendes Lächeln, ein zustimmendes Nicken und… Sprachlosigkeit.


„I have no words for this” höre ich in den letzten Jahren immer öfters von einer erfahrenen Teehausbesitzerin und guten Freundin.


Recht hat sie.

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